Donnerstag, 10. Juni 2010

Mythos Schere

Dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer ist eine beliebte These, die auch durch vielfache Wiederholung nicht an Wahrheitsgehalt gewinnt. Tatsächlich ist sie nur bei nationaler Betrachtung richtig. Global gesehen steigen die hohen Einkommen und die niedrigen, während die mittleren gleich bleiben. Dies ist eine direkte Folge der Globalisierung, und hat einige recht positive Konsequenzen. So wird weltweit der Hunger reduziert und der Zugang zu Bildung ermöglicht.

Während die hohen und niedrigen Einkünfte weltweit gesehen ansteigen, bleiben die mittleren Einkommen gleich. Da aber niedrige Einkünfte in Deutschland, weltweit betrachtet eigentlich mittlere sind, sieht es nur bei nationaler Betrachtung so aus, als würde die Schere auseinander gehen. Die Wahrnehmung mit der kluft zwischen arm und Reich ist also nur bei nationaler Betrachtung richtig, und sollte daher hin und wieder mal in Frage gestellt werden.

Trotzdem liest und hört man diese These in den deutschen Medien immer wieder, und für diesen scheinbaren Missstand wird der Kapitalismus, global operierende Spekulanten oder allgemein das weltweite Finanzsystem verantwortlich gemacht. Damit verknüpft ist also eine weit verbreitete und typisch deutsche Kapitalfeindlichkeit gepaart mit einem ungerechtfertigtem Anspruchsdenken. Letztlich kann doch keiner im Ernst begründen, dass wir bei mittlerem Bildungsgrad wesentlich mehr verdienen wollen, als Bürger in einem Schwellenland mit gleicher Bildung. Normalerweise gibt es Leistung gegen Gegenleistung. Gilt diese Regel für Deutsche nicht?

Die wichtige Frage ist also: Wenn wir durch Kompetenz und Produktivität keine überdurchschnittliche Einkünfte rechtfertigen können, wie dann? Der moderne Kapitalismus gibt uns hier einen einfachen und eigentlich sehr demokratischen Lösungsansatz: durch Kapitaleinkünfte. Wenn jeder Deutsche auch ein Investor wäre und so einen signifikanten Beitrag zu seinem Lebensunterhalt aus Kapitaleinkünften beziehen würde, dann würde sich die Frage nach der Schere so nicht mehr stellen.

Anstatt also über Investment-Management zu schimpfen täten wir gut daran Aktienbesitz zu fördern, um so selbst zu Investoren zu werden. Dann bräuchten wir die Investoren auch nicht mehr zu beneiden ;-)